Neue EU Maschinenverordnung liegt als Entwurf vor.

Kompakt: Die wichtigsten Änderungen.

Die EU-Kommission hat am 21. April 2021 einen Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTES UND DES RATES für Maschinenprodukte vorgelegt (COM (2021) 202 final).
Die neue EU-Maschinenverordnung soll die derzeit geltende Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ablösen.
Wir haben für Sie die wichtigsten vorgeschlagenen Änderungen gegenüber der Vorgänger-Richtlinie zusammengefasst:

1. Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
Der Anwendungsbereich wird präzisiert, indem in der Definition Maschinen hinzugefügt werden, bei denen lediglich das Aufspielen einer für die spezifische Anwendung der Maschine bestimmten Software fehlt, um zu verhindern, dass Hersteller sie als unvollständige Maschinen einstufen. Ferner wurde die Definition von Sicherheitsbauteilen dahingehend präzisiert, dass sie auch nicht-physische Komponenten wie z.B. Software umfasst.
Es gibt eine neue Definition des Begriffs „wesentliche Veränderung“, um sicherzustellen, dass Maschinen, die in Verkehr gebracht und/oder in Betrieb genommen werden und an denen wesentliche Modifikationen vorgenommen werden, den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen in Anhang III (vorher Anhang I) entsprechen.
Zusätzlich wurden die allgemeinen Begriffsbestimmungen des NLF-Beschlusses Nr. 768/2008/EG eingefügt. In der Verordnung wird ferner die Anwendung anderer spezifischer CE-Vorschriften der Union präzisiert.

2. Ausschlüsse
Der Ausschluss von Straßenbeförderungsmitteln wird über die Typgenehmigungsvorschriften der Union hinaus erweitert, um die Rechtssicherheit zu erhöhen. Ferner wurde der Ausschluss der Elektro- und Elektronikgeräte, die unter die Niederspannungsrichtlinie fallen, neu formuliert. Diese Produkte sollen vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden, da immer mehr dieser Produkte WLAN-Funktionen enthalten, wie z.B. Waschmaschinen, und daher als Funkanlagen unter die Richtlinie 2014/53/EU fallen.
3. Hochrisiko-Maschinen
Die Liste im Anhang IV der jetzigen Maschinenrichtlinie ist veraltet und muss an den technischen Fortschritt und neue Arten von Hochrisiko-Maschinen angepasst werden. Dazu zählen z.B. Maschinen, in denen Künstliche Intelligenz Sicherheitsfunktionen wahrnimmt.
Der neue Anhang I „Hochrisiko-Maschinenprodukte“ wurde entsprechend ergänzt.

4. Pflichten der Wirtschaftsakteure
Der Vorschlag enthält Pflichten für Hersteller, Einführer und Händler, die an den NLF-Beschluss Nr. 768/2008/EG angeglichen werden sollen. Dadurch werden die jeweiligen Pflichten präzisiert, die in einem angemessenen Verhältnis zu den Verantwortlichkeiten der Wirtschaftsakteure stehen. Wenn eine Maschine gemäß der Begriffsbestimmung wesentlich modifiziert wird, wird außerdem derjenige, der die Maschine modifiziert, zum Hersteller und muss die entsprechenden Verpflichtungen einhalten. Da die Komplexität der Maschinenlieferkette zunimmt, besteht eine allgemeine Verpflichtung zur Mitwirkung von Dritten, die an der Maschinenlieferkette beteiligt sind und bei denen es sich nicht um Wirtschaftsakteure handelt.

5. Konformitätsvermutung für Maschinen
Die Konformitätsvermutung für Maschinen bleibt bestehen, wenn die Hersteller die einschlägigen harmonisierten Normen oder Teile davon anwenden, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden. Wenn es keine harmonisierten Normen gibt, wird die Kommission jedoch ermächtigt, technische Spezifikationen zu erlassen. Dies wird eine Ausweichlösung darstellen, die nur in den Fällen genutzt wird, in denen die Normungsgremien nicht in der Lage sind, Normen bereitzustellen.

6. Konformitätsbewertung
Der Vorschlag sieht für Maschinen, die nicht als Hochrisiko-Maschinen eingestuft sind, weiterhin die Möglichkeit einer Selbstverifizierung durch den Hersteller vor.
Bei Hochrisiko-Maschinen wird jedoch nur eine Zertifizierung durch Dritte akzeptiert, selbst wenn die Hersteller die einschlägigen harmonisierten Normen anwenden. Mit dem Vorschlag werden die entsprechenden Module zur Konformitätsbewertung im Einklang mit dem NLF-Beschluss 768/2008/EG aktualisiert.

7. Notifizierte Stellen
Der korrekten Arbeitsweise der notifizierten Stellen kommt entscheidende Bedeutung für die Gewährleistung eines hohen Maßes an Schutz der Gesundheit und der Sicherheit und für das Vertrauen aller interessierten Kreise in das System nach dem neuen Konzept zu. Aus diesem Grund enthält der Vorschlag in Übereinstimmung mit dem NLF-Beschluss Anforderungen, die die für die Konformitätsbewertungsstellen (notifizierte Stellen) zuständigen nationalen Behörden erfüllen müssen. Die endgültige Verantwortung für die Benennung und Überwachung der notifizierten Stellen verbleibt bei den einzelnen Mitgliedstaaten.

8. Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Maschinen
(vorher Anhang I, jetzt Anhang III):
In der vorgeschlagenen Verordnung werden die folgenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen angepasst oder hinzugefügt, um spezifische Risiken von Maschinen zu berücksichtigen:

1.1.2 Anpassung der Grundsätze für die Integration der Sicherheit
Ein Maschinenprodukt muss so konstruiert und gebaut sein, dass der Verwender die Sicherheitsfunktionen prüfen kann.

Abschnitt 1.6.1 zur Wartung
Eine rechtzeitige und sichere Befreiung ist zu ermöglichen, wenn Bediener in der Maschine eingeschlossen sind.

Digitale Dokumentation
Die Anforderung 1.7.4 zur Betriebsanleitung und Anhang V zur Konformitätserklärung des Herstellers erlauben es, dass der Hersteller die Betriebsanleitung und die Konformitätserklärung digital zur Verfügung stellt. Eine kostenfreie Papierversion ist jedoch auf Anfrage zwingend vorgeschrieben.
Außerdem muss die Betriebsanleitung Informationen zu Emissionen gefährlicher Stoffe von der Maschine enthalten.

Anforderungen 2.2.1.1 und 3.6.3.1 zu Vibrationen durch in der Hand gehaltene und handgeführte Maschinen wurden angepasst, um die Ausführungen zu Vibrationen derart anzupassen, dass die Gefahr von Arbeitsunfällen verringert wird. Außerdem ist für in der Hand gehaltenen und/oder handgeführten Maschinen eine neue Regelung formuliert, um Emissionen gefährlicher Stoffe aufzufangen oder zu reduzieren.  
Der Abschnitt 3 mit den zusätzlichen Anforderungen an bewegliche Maschinen wurde angepasst, um die Risiken an autonomen Maschinen und Fernüberwachungsstationen zu berücksichtigen.
Die Anforderung 3.2.2 zu Sitzen bei beweglichen Maschinen wurde angepasst, um die Sicherheit der Fahrer zu erhöhen. Die Regelung 3.5.4 zu Risiken beim Kontakt mit stromführenden oberirdischen Leitungen wurde hinzugefügt, um Unfälle zu vermeiden, wenn Maschinen mit oberirdischen Leitungen in Kontakt kommen.

Die Anforderung 6.2 zu Stellteilen von Maschinen zum Heben von Personen wurde angepasst, sodass, wenn möglich, bei langsam fahrenden Aufzügen andere Stellteile als solche mit selbsttätiger Rückstellung verwendet werden können, um Innovationen zu ermöglichen.Installation von Hebezeugen: Zur Erleichterung der Marktüberwachungstätigkeiten ist in der Konformitätserklärung des Herstellers nur bei Maschinen zum Heben von Lasten, die in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind, die Anschrift anzugeben, an der die Maschine dauerhaft installiert ist.

Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Maschinen mit neuer Digitaltechnik und KI
Die Risikobeurteilung, die Hersteller durchführen müssen, bevor die Maschine in Verkehr gebracht/in Betrieb genommen wird, muss zusätzlich die Risiken einbeziehen, die nach dem Inverkehrbringen der Maschine aufgrund ihres sich entwickelnden und autonomen Verhaltens auftreten können.
Cyber Security“ mit Auswirkungen auf die Sicherheit
Im Hinblick auf die Berücksichtigung von Risiken, die sich aus böswilligen Handlungen Dritter ergeben und die sich auf die Maschinensicherheit auswirken, wird mit dem Vorschlag die neue grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderung 1.1.9 hinzugefügt und die grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderung 1.2.1 über die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungen präzisiert.

Mensch-Maschine-Interaktion
Maschinen werden immer leistungsfähiger und autonomer und einige sehen fast wie Menschen aus, was eine Anpassung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen in Bezug auf den Kontakt zwischen Mensch und Maschine erfordert, d. h. die grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen 1.1.6 zur Ergonomie und 1.3.7 zu Risiken im Zusammenhang mit beweglichen Teilen und psychologischem Stress.

Maschinen mit sich entwickelnden Fähigkeiten
Obwohl die Risiken von KI-Systemen durch die neu vorgeschlagene EU-Verordnung über Künstliche Intelligenz geregelt werden (COM/2021/206 final), muss in der Maschinenverordnung sichergestellt werden, dass die gesamte Maschine sicher ist, wobei die Wechselwirkungen zwischen den Maschinenkomponenten einschließlich der KI-Systeme zu berücksichtigen sind. In diesem Zusammenhang wurden die folgenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen angepasst: Allgemeine Grundsätze, 1.1.6 zur Ergonomie, 1.2.1 zur Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungen und 1.3.7 zu Risiken im Zusammenhang mit beweglichen Teilen und psychologischem Stress.

Rückverfolgbarkeit der Maschinensicherheit
Die Sicherheit von Maschinen hängt zunehmend vom Softwareverhalten ab, nachdem die Maschine in Verkehr gebracht worden ist. Zur Unterstützung des Verfahrens der Konformitätsbewertung und der Marktüberwachung wurden in der Anforderung 1.2.1 zur Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungen sowie den in den technischen Unterlagen geforderten Informationen in Anhang IV einige neue Anforderungen hinzugefügt.

Im nächsten Schritt müssen die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament dem Vorschlag der Kommission zustimmen. Da es sich bei der Neuregelung um eine Verordnung handelt, wird diese dann unmittelbares Recht in den Mitgliedsstaaten. Eine Umsetzung in eine deutsche Verordnung ist nicht mehr nötig. Um den Unternehmen eine ausreichende Vorbereitungszeit zu geben, ist geplant, dass die neue Verordnung 30 Monate nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU angewendet werden muss. Die Veröffentlichung der neuen EU-Maschinenverordnung ist für 2022 vorgesehen.
 
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